Best Practice

Unser Konzeptbeispiel SENSO (Science Education and Natural System Observation) verbindet didaktische Ansätze (z. b. mobiles Lernen, e-learning, game-based learning und einen mehrperspektivischen Ansatz) mit konkreten fachlichen Inhalten, die in direktem Bezug zu den Forschungsthemen in unserem Universitätswald stehen. Die Gestaltung dieses Konzepts mit dem Tool Actionbound soll für den Kurs als Best Practice-Beispiel dienen und veranschaulichen, wie konkrete Inhalte mithilfe ausgewählter didaktischer Ansätze und mobilen digitalen Medien im außerschulischen Lernort vermittelt werden können.

Konzeptformat

Das Konzept ist ein digitales Gesamtkonzept, das bedeutet, dass die technische Grundlage durch eine digitale Anwendung gestellt wird und die Struktur sowie einzelne Elemente auf digitalen Medien basieren. Im Rahmen des ForSE-Projekts ist es gelungen die im Raumbeispiel erörterten Inhalte in einen öffentlichen „Bound“ (SENSO-Bound) zu überführen, mit didaktischen Ansätzen geographischer Bildung zu verknüpfen und eine öffentliche Teilnahme mit der kostenlosen App von Actionbound zu ermöglichen. SuSWald2 Schüler_innen im Marburg Open Forest (Quelle: P. Bengel)

Didaktisch-inhaltlicher Aufbau

In einer thematischen Einführung soll Besuchenden dabei zuerst ein genereller Bezug zwischen den Teilnehmenden und dem wissenschaftlichen Umwelt-Monitoring in einem sozial-ökologischen Kontext hergestellt werden. Ihre (Vor-)Kenntnisse, ihre Alltagserfahrungen und aktuelle gesellschaftliche Schnittpunkte zu den Inhalten werden bewusst genutzt, um Bedeutung, Bedarf und Funktion eines (Forschungs-)Projektes, wie es im Uni-Wald realisiert wird, zu vermitteln. Im Besonderen der starke Bedarf an aussagekräftigen Informationen über die Strukturen und Funktionen des Systems (Wald), Methoden und Ansätze diese zu gewinnen, zu verarbeiten und schließlich zu deuten werden in den Vordergrund gestellt. Im Weiteren werden einige Grundlagen wissenschaftlichen Vorgehens beschrieben. Dazu zählt z. B., dass Informationen aus Daten und Daten durch Messungen gewonnen werden können. Zunächst wird der Wald in drei Subsysteme mit untergeordneten Zielsetzungen/Fragestellungen gegliedert. Es wird mit der Betrachtung eines Individuums begonnen (z. B. eine Stieleiche, 1). SuSDendro2 Schüler_innen an einem Dendrometerband (Quelle: P. Bengel)

Anhand einer Sensorbox (Tree Talker) wird hier bereits die Technik und damit verbundene Möglichkeiten (z. B. automatisierte Messungen von Vitalfunktionen) zur Sprache gebracht. Im nächsten Schritt wird die abiotische Umwelt des Individuums mit entsprechenden Einflussmechanismen und Wechselwirkungen behandelt. Damit findet ein fachlicher Perspektivwechsel statt, während die räumliche Perspektive quasi unverändert bleibt. Auch hier wird moderne Technik thematisiert, indem die automatisierte Messung abiotischer Umweltparameter zur Erfassung von Standortfaktoren, z. B. Mikroklimata (Wurzelbereich vs. Krone), veranschaulicht wird. An der nächsten Station wird der betrachtete Raum vergrößert und wir eröffnen mit der biotischen Umwelt und dem Habitat-Konzept eine neue Fragestellung. So wird bspw. der Bewegung im Raum (z. B. von baumbewohnenden und -nutzenden Tieren) nun eine bedeutende Rolle beigemessen. SuSRadioTracking Schüler_innen beim Abruf von Audio-Inhalten zu einer Station (Quelle: P. Bengel)

Hier werden ebenfalls wieder technische Mittel und Methoden (z. B. Radiotracking von Fledermäusen und Kleinvögeln) präsentiert und kurz erläutert. Im Folgenden werden Maschinelles Lernen und Fernerkundung als zwei elementare technische Werkzeuge zur Verarbeitung und In-Beziehung-Setzung der erzeugten Datenmengen vorgestellt. Auch hier wird jeweils ein bewusster fachlicher (KI und Maschinelles Lernen) und ein räumlicher (Vogelperspektive durch Fernerkundung) Perspektivwechsel vollzogen. Mit diesem Verständnis des Ökosystems und der modernen Untersuchungsmethoden gelingt es an der letzten Station schließlich, den Kreis wieder zu schließen. Die Einleitungsthemen bzw. damit einhergehende Problemstellungen werden mit dem Neugelernten verbunden und können in einer gesellschaftliche-ökologischen Dimension reflektiert werden.

Übersicht zu den Stationen

  • Intro
    Die thematische und funktionale Einleitung soll an der ersten Station mithilfe kurzer Tutorial-Sequenzen stattfinden. Auch SENSI (eine fiktive KI, die als Guide fungiert, siehe unten) stellt sich den Besuchenden hier vor.

  • Station Individuum
    An einem Beispielbaum (z. B. Stieleiche) werden Baumfunktionen am Beispiel von Saftfluss, Stammwassergehalt und Dickenwachstum erklärt und schließlich über eine Schnittstelle mit einen am Baum angebrachten Sensor (Tree Talker) ausgelesen.

  • Station unbelebte Umwelt
    Als Beispiel für abiotische Umweltfaktoren wird das Mikroklima erklärt und entsprechende Parameter erhoben. Dazu werden Luftfeuchtigkeit und Temperatur in unterschiedlichen Höhenlagen entlang eines Stammes und seinem Kronenraum erfasst und verglichen. Die hier gemessenen Daten können wiederum über eine Schnittstelle mit dem persönlichen Gerät ausgelesen und in der persönlichen Datenbank (für das Game-Element) gespeichert werden.

  • Station lebendige Umwelt
    Der/Dem Teilnehmenden wird das technische Prinzip des Trackingsystems erklärt. Anschließend sieht er/sie auf einer Karte seines/ihres Standorts eine Animation von Fledermausflugstrecken im Zeitverlauf der letzten Nacht (ggf. nicht unbedingt der letzten Nacht). Habitatbäume, Jagdgründe und Bewegungsmuster der Tiere werden so messbar gemacht. Die Eigenschaft der Mobilität und die damit verbundenen Wirkmöglichkeiten mancher Lebewesen in ihrer Umwelt werden hervorgehoben.

  • Station KI und Maschinelles Lernen
    An einer automatischen Fotofalle wird eine weitere Möglichkeit der Tier-Erfassung gezeigt. Anhand von Beispielbildern und automatischer Selektion aufgrund ihrer Inhalte (durch Objekterkennung, Bsp.: Waschbär, Mensch, Vogel), wird zum Thema Maschinelles Lernen und KI übergeleitet. Funktion und Anwendung von Maschinellem Lernen und Künstlicher Intelligenz dient zur Überleitung vom Anwendungsfall der Objekterkennung (an der Fotofalle) zum Anwendungsfall der Daten-Assimilation in Fernerkundung bzw. Modellierung anhand von Prädiktoren.

  • Station Fernerkundung und Strukturen
    Hier werden die verschiedenen Formen und Methoden der Fernerkundung (Satellit, Flugzeug, Drohne) am Anwendungsbeispiel des Ökosystem-Monitorings erklärt. Es wird eine Inhaltliche Verbindung zu den anderen Stationen, besonders aber zu KI und Maschinellem Lernen hergestellt. Dabei wird besonders die automatisierte Analyse von Drohnenaufnahmen zum Fallbeispiel des Baumsterbens thematisiert und schließlich die Grundlage für die Modellentwicklung (letzte Station) geschaffen.

  • Station Umweltmodell (Abschluss)
    Das Thema Modelle und die wissenschaftliche Modellierung wird erklärt und beispielhaft mithilfe der bisher erhobenen Daten und Informationen für das Untersuchungsgebiet durchexerziert. Der Nutzen eines solchen Modells für dieses und andere (Öko-)Systeme wird hervorgehoben. Damit soll beispielhaft auf aktuelle gesellschaftsrelevante Themen, Probleme (und Lösungsstrategien) Bezug genommen werden. Schließlich werden die eigenen erhobenen Daten auf ihre Qualitäten für eine Modellierung geprüft und zusammen mit den gesammelten Forschungspunkte die zu erwartende Modellgüte eines eigenen Umweltmodells und damit der Erfolg der Teilnahme (Score) berechnet.

    Lernziele

    Am Ende einer erfolgreichen Teilnahme steht ein erweitertes Verständnis der biotischen und abiotischen Umwelt, ihrer wechselseitigen Beziehungen sowie eine Vorstellung von der Komplexität von Ökosystemen generell. Hinzu kommt die Erkenntnis, dass ein ganzheitliches sozial-ökologisches Verständnis komplexer Wirkungsgefüge unerlässlich ist, um bestmögliche Handlungsoptionen für eine Zukunft von Mensch und Umwelt zu diskutieren und zu identifizieren. Zudem wird erkannt, welche bedeutsame Rolle wissenschaftliche Forschung und moderne Technik in diesem Prozess spielen und wie diese zielführend und verantwortungsbewusst eingesetzt werden können.

    Mobile Digital Game-Based Learning

    Der Ansatz des mobilen digitalen und spielbasierten Lernens macht sich bereits durch das nicht-linear Konzept bemerkbar. Vergleichbar mit sogenannten „Open-World“-Games ist wird den Teilnehmenden eine gewisse Entscheidungsfreiheit ermöglicht, wenn es um die Reihenfolge der zu besuchenden Punkte im Wald geht. Nach Leveln gestaffelt eröffnen sich neue Möglichkeiten so bald ein gewisser Fortschritt erreicht ist. Das Abrufen und Interpretieren von Messdaten und das Absolvieren der einzelnen Themenschwerpunkte werden mit Forschungspunkten belohnt. Der erfolgreiche Erwerb von Wissen und Fähigkeiten wird von zusätzlich anhand von Verständnisfragen im Quiz-Design oder interaktiven Aufgabenformaten nach jedem Input gefestigt. Auch dafür gibt es Forschungspunkte die am Ende zu einem Gesamt-Score addiert werden. Spiel-Ziel: Sind am Ende ausreichend Forschungspunkte gesammelt, kann der/die Teilnehmende damit ein virtuelles Waldmodell erstellen und damit ihre/seine Ausbildung zum SENSO-Forscher oder zur SENSO-Forscherin erfolgreich abschließen.

    Multimedia Guide

    SENSI (das Science Education and Natural System Interface) ist eine fiktive KI (Künstliche Intelligenz), die die Besuchenden entlang des Trails begleitet. Mittels Sprachnachrichten nimmt SENSI über die App auf dem mobilen Endgerät Kontakt auf, erklärt Sachverhalte und stellt Lernanimationen für ein besseres Verständnis zur Verfügung. Zudem fordert sie zur Interaktion auf und tritt auch zwischendurch bei Bedarf (evtl. zu Navigation oder Hilfe) mit den Teilnehmenden in Dialog. Der Schwerpunkt der Informationsvermittlung liegt hier bei den auditiven Formaten (Bsp. Sprachnachrichten), um individuelle visuelle (bzw. allg. sensuelle) Erfahrungen der Teilnehmenden durch ihr direktes Umfeld (den Wald) nicht zu überlagern. Punktuelle Ergänzungen durch andere Medientypen (Videos, Bilder und Text) sind jedoch bewusst gewählt und sollen sich gezielt positiv auf den Cognitve Load der Lernenden auswirken.

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